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Gewerbeflächenentwicklung

Gewerbeflächen in Jena

Die Ableitung des künftigen Bedarfs an Gewerbe- und Wissenschaftsflächen (Sonderbauflächen Forschung und Lehre) ist – gestützt auf Analysen und Prognosen – eine der wesentlichen Aufgaben einer vorausschauenden und strategisch ausgerichteten Stadtentwicklungsplanung, um auch künftig quantitativ und qualitativ ausreichende Büro- und Gewerbeflächen für die Bestandssicherung bzw. -entwicklung (Erweiterungen und Umsiedlungen) ansässiger Betriebe als auch für die Akquisition (Neuansiedlung) und Neugründung von Unternehmen bereitstellen und die Entwicklung der Sonderbauflächen Forschung und Lehre begleiten zu können.

Die Stadt Jena ist seit vielen Jahren eine wachsende Stadt mit einem steigenden Bedarf an Gewerbeflächen. Ziel ist es deshalb, für die zukünftig zu erwartende Nachfrage ein ausreichend großes und gutes Angebot an Gewerbeflächen vorzuhalten. Zentrale Grundlage dafür ist eine strategische Flächenpolitik, die sowohl die differenzierte Nachfrage nach Gewerbeflächen als auch einen sparsamen Flächenverbrauch und eine städtebaulich qualitätsvolle Entwicklung berücksichtigt.

Der sparsame und ressourcenschonende Umgang mit Grund und Boden gehört zu den wesentlichen Zielen einer nachhaltigen Stadtentwicklung (§ 1, Abs. 6 BauGB). Die Kommunen sind gefordert, eine geordnete städtebauliche Entwicklung zu gewährleisten, um so eine menschenwürdige Umwelt zu sichern und die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen. Im Rahmen des Beschlusses „2030 – Agenda für nachhaltige Entwicklung“ (17/1200-BV vom 15.03.2017) hat sich die Stadt Jena zu den weltweit geltenden 17 SDGs (Sustainable Development Goals) bekannt.

Mit der Fortschreibung des „Arbeitsplatz- und Gewerbeflächenentwicklungskonzept für die Stadt Jena“ aus dem Jahr 2012 wurden die langfristigen Ziele für die Stadt bis zum Jahr 2035 in einem transparenten Prozess erarbeitet, abgestimmt und festgeschrieben. Diese informelle Planung dient seither dazu, die darin verankerten Ziele sowie Entwicklungs- und Umsetzungsempfehlungen auf ihre Wirksamkeit zu überprüfen. Das Konzept dient außerdem als eine wesentliche fachliche Grundlage für die Fortschreibung des Flächennutzungsplans.

Durch die Stadt Jena konnten die Unternehmen Prognos AG und Complan Kommu­nalberatung GmbH für die Fortschreibung des Konzeptes gewonnen werden. Beide Unternehmen zeichneten sich bereits für die Erarbeitung des Ursprungskonzeptes verantwortlich.

Beginnend mit der Fortschreibung wurde im Jahr 2019 zudem eine projektbegleitende Lenkungsrunde aus Vertreterinnen und Vertretern der Verwaltung, der Politik, von Kammern und Verbänden sowie von Jenaer Unternehmen eingerichtet, die auf diese Weise ihre Fachbeiträge in die Erarbeitung des Arbeitsplatz- und Gewerbeflächenentwicklungskonzeptes mit dem neuen Zeithorizont bis 2035 einbringen konnten.

Gewerbeflächen und Wissenschaftsflächen in Jena – Status quo

Zu den wichtigsten Ergebnissen der Analyse der Gewerbeflächen- und Wissenschaftsflächensituation (SO F+L) sind folgende Punkte zu zählen:

  • Die Stadt Jena verfügt über 348 ha Gewerbeflächen. Davon werden fast 80 % (277 ha) für gewerbliche Zwecke genutzt und gelten als bebaute Flächen.
  • Unbebaute Flächen machen aktuell etwa ein Fünftel der Flächen (71 ha) aus. Aufgrund des fehlenden Planungsrechts, bereits verkaufter oder optionierter Flächen oder aufgrund der Eigentumssituation steht aktuell lediglich etwa ein Zehntel (7,6 ha) der unbebauten Flächen für die Vermarktung zur Verfügung. Davon befindet sich mit 1,7 ha das letzte, zugleich aber auch größte zusammenhängende Baufeld im Eigentum der Stadt.
  • Eine hohe Flächennachfrage ist vor allem in den Bereichen Jena Süd und Jena Autobahn festzustellen. Auf diese Bereiche entfallen insgesamt 34 Hektar der Nachfrage bzw. 72 Prozent aller Flächenumsätze seit 2010.
  • Bei den Sonderbauflächen für Forschung und Lehre hat sich der Umfang der genutzten Flächen (rd. 92 ha) in den vergangenen Jahren kaum verändert, wenngleich innerhalb des Bestandes Änderungen und Anpassungen erfolgt sind.
  • Die begonnene Konzentration und Neugestaltung von Universitätsstandorten werden sich in den nächsten Jahren fortsetzen. Mit dem Inselplatz als Neubaustandort sowie den drei Bestandsquartieren Landgrafenareal, Bachstraße und ehemalige Kinderklinik bestehen Potenzialflächen bzw. Nachnutzungsmöglichkeiten zur zukünftigen Nutzung. Mit der Konzentration auf weniger Universitätsstandorte sollen gemäß den Planungen des Freistaates Thüringen weitere Streu- und Einzellagen aufgegeben werden.

Zur Einschätzung der Flächenbedarfe der Jenaer Unternehmen wurde auf eine Unternehmensbefragung der Wirtschaftsförderungsgesellschaft mbH aus dem Jahr 2019 zurückgegriffen, durchgeführt durch die Gesellschaft für angewandte Kommunalforschung mbH (GEFAK). Etwa 450 Unternehmen wurden zu Bedarfen, Herausforderungen und Einschätzungen zum Standort Jena befragt. Mit 97 Rückantworten betrug die Rücklaufquote etwa 22 Prozent.

Grundsätzlich zeigten sich die befragten Unternehmen mit den Standortbedingungen in Jena zufrieden. Vergleichbar mit den Ergebnissen der Unternehmensbefragung aus 2012 wird die größte Bedeutung einer guten Breitband- und Mobilfunkanbindung sowie der Verfügbarkeit von Arbeitskräften beigemessen. Die Fachkräftestudie aus dem Jahr 2019 bestätigt die hohe Bedeutung der Fachkräfte für die künftige Entwicklung des Wirtschaftsstandortes Jena. Die größten Diskrepanzen zwischen Bedeutung und Zufriedenheit zeigen sich ebenfalls bei der Verfügbarkeit von Fachkräften sowie des Wohnraums, gefolgt von der Verfügbarkeit und dem Preisniveau bei Gewerbeflächen und -immobilien.

Knapp drei Viertel der Unternehmen setzt auf Wachstum und eine Erhöhung der Beschäftigtenzahl. Knapp die Hälfte aller befragten Unternehmen plant dabei in den kommenden drei Jahren mit einer Standorterweiterung oder -verlagerung. Der überwiegende Teil dieser Unternehmen möchte der Stadt Jena (60 %) oder zumindest der Region (23 %) treu bleiben.

Nach der Verfügbarkeit von Arbeitskräften wird die Flächenverfügbarkeit als die größte Herausforderung genannt, um die potenziellen Unternehmenserweiterungen oder -verlagerungen umsetzen zu können. In Summe hat etwa ein Drittel der Unternehmen einen zusätzlichen Bedarf für Gewerbeflächen angegeben.

Die größte Nachfrage besteht dabei für Büroflächen. Deren Gesamtbestand ist zwischen 2015 und 2020 um 7,5 % gewachsen, während die Leerstandsquote von 3,8 % auf 2,0 % gesunken ist.

Auf Basis der aktuellen Gewerbeflächensituation, der Erwerbstätigenprognose und der Bestimmung standortspezifischer Flächenkennziffern wurde der Gewerbeflächenbedarf bis 2035 prognostiziert. Mittels eines ökonomischen Gleichgewichtsmodells, in dem Flächenangebot und -nachfrage im Ausgangsjahr übereinstimmen, wurden über die Berücksichtigung von Produktivitäten und Reserveflächen insgesamt vier Szenarien berechnet. Diese Methodik ist bereits 2012 für die Prognose der Gewerbeflächen zur Anwendung gekommen. Rückblickend zeigte diese Vorgehensweise für das Jahr 2020 eine Fehlertoleranz von weniger als 2 %. Aus diesem Grund wird bei der Fortschreibung erneut diese Vorgehensweise angewendet.

Alle vier Szenarien haben dabei die Gemeinsamkeit, dass für diese jeweils zwei Varianten A (ohne Rothenstein) und B (mit Rothenstein) betrachtet worden sind. Dies ermöglichte es, die künftig angestrebte Entwicklung der im Besitz einer städtischen Gesellschaft befindlichen interkommunalen Gewerbefläche Rothenstein – gemäß Zweckvereinbarung zwischen Rothenstein und Jena aus dem Jahr 2019 – bereits bei den Bedarfsberechnungen zu berücksichtigen.

In Abstimmung mit der projektbegleitenden Lenkungsrunde wurde das Szenario 2 als Basisszenario und das Szenario 4 als Zielszenario gewählt. Mit 5 % berücksichtigen beide Szenarien einen größeren Anteil an Reserveflächen (Fluktuationsreserve) als die Szenarien 1 und 3 und ermög­lichen es der Stadt Jena damit, flexibler auf spezifische Anforderungen von Unternehmen, z. B. im Falle von Unternehmensverlagerungen, reagieren zu können. Der gewählte Ansatz impliziert jedoch, dass hierfür Flächen in einem Umfang von bis zu 16 Hektar zusätzlich in der Bilan­zierung berücksichtigt werden müssen.

Im Ergebnis der Berechnungen übersteigt im Basisszenario die Nachfrage das Angebot im Jahr 2030 um 5 Hektar. Im Jahr 2035 zeigt sich anschließend ein etwa ausgeglichenes Ver­hältnis. Grund für diesen Verlauf ist die bereits benannte rückläufige Entwicklung der Erwerbstätigen im Zuge des demografischen Wandels. Im Zielszenario übersteigt die Nachfrage das verfügbare Flächenangebot bereits im Jahr 2025 um etwa 8 Hektar. In den Folgejahren steigt das Flächendefizit dann sukzessive an und liegt im Jahr 2035 bei rund 26 Hektar. Aufgrund des schnelleren Wachstums der Flächenkennziffern (schnellere Automatisierung und damit er­höhter Flächenverbrauch) ist hier keine Abnahme zwischen 2030 und 2035 zu sehen.

Für die zukünftige Entwicklung der Gewerbe- und Wissenschaftsflächen werden im Rahmen des Konzeptes folgende Empfehlungen ausgesprochen:

  • Der Flächenbedarf ist vorrangig durch den Erhalt und die Sicherung der vorhanden­en gewerblichen Flächen einschließlich der derzeit nicht verfügbaren Flächen und der Sonderbauflächen Forschung und Lehre zu sichern. Dazu zählt, für die bereits vor­gesehenen Flächen zügig Planungsrecht zu schaffen, um eine gewerbliche Nutzung zu ermöglichen. Für die FNP-Vorbehaltsflächen Isserstedt 1 und Östlich der Landesärzte­kammer sind Bauleitplanungen einzuleiten.
  • Bestehende Flächen mit Neuordnungs- und Umstrukturierungsbedarfen sind ver­tiefend zu analysieren und eine Verdichtung und Optimierung der Flächen anzustreben. Dazu zählen der Gewerbestandort Löbstedt-Ost, das Gewerbegebiet Unteraue, der Standort Am Reifsteine und das Gewerbegebiet Göschwitz.
  • Flächenpotenziale können durch die Revitalisierung derzeit oder künftig nicht (mehr) genutzter Gewerbeflächen mobilisiert werden. Dies betrifft die Standorte der TEAG und den aktuellen Sitz der Carl Zeiss AG im Bau 6/70 (nach erfolgtem Umzug).
  • Darüber hinaus können zusätzliche Gewerbeflächen im zukünftigen FNP in einem Umfang von bis zu 8 Hektar neu ausgewiesen werden. Diese können den Gewerbe­bestand nach deren Mobilisierung punktuell ergänzen. Hierzu zählen die als kleinteiligen Arrondierungsflächen Saalepark III, Erweiterung Burgau und die Bahnflächen Göschwitz (nach Freistellung durch die Deutsche Bahn AG).
  • Hinzu kommen die Entwicklung der interkommunalen Gewerbefläche zusammen mit der Gemeinde Rothenstein und eine darüber hinausgehende vertiefte interkommunale Zusammenarbeit mit angrenzenden Gemeinden und Landkreisen.
  • Mit Blick auf die Flächenreserven der Universitätsstandorte und die angestoßenen Kon­zentrationsprozesse sowie die noch vorhandenen, planungsrechtlich gesicherten Flä­chenpotenziale für Wissenschaftsansiedlungen („Im Hahnengrunde” und Erweiterungs­fläche Seidelstraße), lässt sich ohne konkrete Ansiedlungsanfragen kein Bedarf an zusätzlichen Sonderbauflächen ableiten. Die vorhandenen Flächen sind daher aus derzeitiger Sicht ausreichend. Sollten darüber hinaus weitere Flächen benötigt werden, so ist die Ansiedlung von Forschungseinrichtungen auch auf gewerblichen oder gemisch­ten Bauflächen oder in Kerngebieten möglich. Hierfür wurde eine Flexibilitätsreserve vorgesehen, also eine Zusammenstellung von Standorten, auf denen eine flexible Mischung aus gewerblichen und wissenschaftlichen Nutzungen möglich ist (TEAG-Fläche, Bau 6/70 und An der Saalbahn).